Süchtige Beziehungen
Kann Liebe eine Sucht sein? Und was ist mit Liebessucht eigentlich gemeint?
In diesem Beitrag geht es um das Thema Co-Abhängigkeit und Liebessucht. Diese Begriffe werden oft verwendet. Aber was genau bedeutet Liebessucht? Ist sie überhaupt eine anerkannte Diagnose? Lasst uns tiefer in dieses Thema eintauchen.
Die Sucht nach Liebe: Was ist Liebessucht?
Liebessucht ist keine offiziell anerkannte Diagnose, vergleichbar mit Alkohol- oder Drogenabhängigkeit. Dennoch ist der Vergleich spannend und enthüllt interessante Parallelen. Die größte Selbsthilfegruppe weltweit sind die Anonymen Alkoholiker, und viele ähnliche Selbsthilfegruppen haben sich nach ihrem Vorbild formiert. Dazu gehören Gruppen wie Narcotics Anonymous für Menschen mit Drogenproblemen, Cocaine Anonymous für Kokainabhängige, S.L.A.A. (Sex an Love Addicts Anonymous) für Liebe- und Sexsüchtige sowie CoDA die Anonymen Co-Abhängigen (englisch Co-Dependents Anonymous). Diese Gruppen verwenden das bewährte Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker. Doch warum verwenden sie dieses Konzept und ist Liebe wirklich eine Sucht?
Mein persönliches Outing: Liebe als Sucht
Ich, als abstinent lebende Süchtige, finde diesen Vergleich äußerst sinnvoll. Tatsächlich halte ich es für eine gute Idee, Liebe als Sucht zu bezeichnen. Aber warum? Nun, es gibt tatsächlich Parallelen zur Drogensucht. Unsere Körper kann selbst Substanzen produzieren, die ähnliche Glücksgefühle auslösen wie Drogen. Zum Beispiel werden während der Verliebtheitsphase körpereigene Stoffe freigesetzt, die uns in einen Rauschzustand versetzen. Dieses euphorische Gefühl gleicht dem, das Drogen chemisch in unserem Gehirn erzeugen.
Es handelt sich um Stresshormone und Glückshormone, die uns buchstäblich süchtig nach dieser Art von Liebe machen können.
Um besser zu verstehen, warum Liebe süchtig machen kann, werfen wir einen Blick auf die Wirkung von Dopamin und anderen Hormonen auf unser Gehirn. Dopamin ist ein Neurotransmitter, der eine zentrale Rolle in unserem Belohnungssystem spielt. Wenn wir verliebt sind oder uns in aufregenden Situationen befinden, wird Dopamin vermehrt ausgeschüttet.
Dopamin: Das Belohnungszentrum des Gehirns
Das Gehirn interpretiert die Freisetzung von Dopamin als Belohnung. Es erzeugt ein Gefühl des Wohlbefindens und der Euphorie. Dieses Belohnungssystem ist evolutionär bedingt und diente ursprünglich dazu, Verhaltensweisen zu verstärken, die für unser Überleben wichtig sind, wie Essen, Trinken und Fortpflanzung.
Wenn wir uns in einer liebessüchtigen Beziehung befinden, kann die Freisetzung von Dopamin ähnlich wie bei Drogenabhängigen zu einem regelrechten Rausch führen. Wir sehnen uns nach diesem Glücksgefühl, und die Beziehung wird zur Quelle dieser euphorischen Erfahrungen.
Bindungshormone
Neben Dopamin sind auch andere Hormone an der Entstehung von Liebessucht beteiligt. Oxytocin, oft als das „Bindungshormon“ bezeichnet, spielt eine wichtige Rolle bei der Festigung von Bindungen. Es wird verstärkt ausgeschüttet, wenn wir körperliche Nähe und Intimität mit unserem Partner erleben. Dieses Hormon verstärkt die emotionale Bindung und kann dazu beitragen, dass wir uns noch stärker in die Beziehung vertiefen.
Stresshormone
Stresshormone wie Adrenalin können ebenfalls eine Rolle spielen. In turbulenten, liebessüchtigen Beziehungen erleben die Beteiligten oft einen ständigen Wechsel zwischen Euphorie und Stress. Dieser emotionale Achterbahn-Effekt kann dazu führen, dass der Körper vermehrt Stresshormone ausschüttet, was die Sucht verstärken kann.
Liebe als Flucht vor den eigenen Gefühlen
Menschen können auch liebessüchtige Beziehungen dazu nutzen, um sich vor innerem Schmerz zu verstecken. Ähnlich wie Drogen können sie in einer Welt aus intensiven Emotionen und ständigen Höhen und Tiefen abtauchen, um den Schmerz zu betäuben und sich nicht mit ihren eigenen Gefühlen und Traumata auseinanderzusetzen. Diese Beziehungen dienen als Fluchtmechanismus, um den eigenen Schmerz zu vermeiden.
Die Dynamik liebessüchtiger Beziehungen
Liebessüchtige Beziehungen sind selten ruhig und stabil. Stattdessen sind sie von intensiven Emotionen und einem ständigen Auf und Ab geprägt. Dieses Gefühl der Verliebtheit oder die sexuelle Anziehung können wie eine Droge wirken, und das Auf und Ab der Emotionen erzeugt einen suchtähnlichen Charakter in der Beziehung. Im Körper werden Glückshormonen und Bindungshormonen bei Annäherung ausgeschüttet und Stresshormonen bei Trennung und Streit. Solche Beziehungen sind oft toxisch und können aufgrund ihrer übermäßigen Emotionen als ungesund angesehen werden.
On-Off Beziehungen
In On-Off Beziehungen gibt es meistens ein Thema mit Bindungsangst oder die beiden passen einfach nicht wirklich zusammen. Das Zermürbende an solchen Beziehungen ist ja, dass nie ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität in so einer Beziehung entstehen kann, weil die ständigen Trennungen immer wieder Stress und Kummer bedeuten. Dann kommt wieder eine Versöhnung und man ist wieder glücklich. Es sind Beziehungen wie eine Achterbahn rauf und runter und so sind auch die Emotionen in solchen Beziehungen. Es sind auf jeden Fall süchtige Beziehungen, weil dieses Rauf und runter ist wie eine Sucht.
Ursachen und Anzeichen von Liebessucht
Liebessüchtige Beziehungen können viele Ursachen haben, darunter Bindungsprobleme und alte Traumata. Ein häufiges Anzeichen ist das ständige Hin und Her, bei dem sich die Beteiligten immer wieder anziehen und abstoßen. Diese emotionalen Achterbahnfahrten erzeugen einen suchtähnlichen Charakter in der Beziehung.
Heiß-Kalt-Beziehungen wie sie zum Beispiel oft bei Borderline vorkommen sind typische liebessüchtige Beziehungen.
Zusammenfassung
Liebessucht wird durch die Freisetzung von Hormonen wie Dopamin, Oxytocin und Stresshormonen im Gehirn erzeugt. Diese biochemischen Prozesse tragen dazu bei, dass Liebe süchtig machen kann und die betroffenen Personen immer wieder nach diesem intensiven Gefühl suchen. Man sucht, genau wie Drogenabhängige immer wieder nach einem „Kick“.
Liebe kann tatsächlich süchtig machen, wenn sie in Form von liebessüchtigen Beziehungen erlebt wird. Diese Beziehungen sind geprägt von intensiven Emotionen, einem ständigen Auf und Ab sowie Flucht vor eigenen Emotionen.
Es ist wichtig zu erkennen, dass eine gesunde Beziehung nicht von solchen extremen emotionalen Schwankungen geprägt sein sollte. Wenn du das Gefühl hast, dich in einer liebessüchtigen Beziehung zu befinden solltest du handeln und dir gegebenenfalls Unterstützung suchen.
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